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Aaß das auf vorstehendem Titel näher bezeichnete
Lesebuch zur Einführung in den obersten Klassen der ge-
gliederlen Schulen des Großherzogthums dringend em-
pfohlen worden ist, wird hierdurch beurkundet.
Weimar, den 11. März 1857.
Grmrlwl. Sii'rlmhel Ktallllmiliistenlim,
Desinrtemnit der Justiz n. iies cfnlttis.
v. Wintzingerode.
khn -I
Zs(A,
Georg Eckert-Institut
für Inlernätionnle
Schulbucbforschung
Braunschweig
Blfclic'thek
TM Hauptwörter (50): [T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T29: [Napoleon Heer Schlacht Preußen Franzose General Mann Armee Sieg Bluch], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T21: [Napoleon Bluch Heer General Preußen Franzose Schlacht Armee Mann Wellington], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere]]
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Dieses Buch, welches zunächst für die Oberklasscn der
Volks- und Bürgerschulen bestimmt ist, zugleich aber auch in hö-
heren Lehranstalten von den Schülern des entsprechenden Alters
gebraucht werden kann, zerfällt in zwei Theile: in das Lesebuch
und das Realbuch. Der erste Theil enthält in sorgfältig aus-
gewählten Erzählungen, Gedichten, Beschreibungen, Sprichwörtern,
Fabeln und Räthseln einen anregenden und bildenden Lesestoff,
welcher die Bestimmung hat, eincstheils die Schüler in daö tie-
fere Verständniß des Gelesenen, namentlich in Inhalt und Ge-
dankenzusammenhang, leicht einzuführen, anderentheils die münd-
liche und schriftliche Sprachgewandhcit zu üben. Der zweite
Theil des Buches enthält geographische, geschichtliche und natur-
kundliche Bilder, letztere insonderheit aus der Laudwirthschaft,
Hauswirthschaft und Gewerbkunde. Wenn man einmal dahin ge-
kommen sein wird, einzusehen und zuzugeben, daß nicht die Voll-
ständigkeit compendiöscr Leitfäden, sondern die anschauliche Ausführ-
lichkeit guter Einzelbilder, die sich mit wenig Mühe in ein zusam-
menhängendes Ganze reihen und abrunden lassen, — während
es nie gelingen wird, jenen trockenen Skeletten und todten Präparaten
Leben einzuhauchen,— allein wahren Bildungsstoff für die Jugend
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T8: [Abschnitt erster Periode zweiter Zeitraum dritter Kap Buch Kapitel vierter]]
enthalten; so wird man die Behandlung der Realien in dieser
Weise in den Schulen einräumen und verlangen. Das Lesebuch,
welches die verschiedenen Richtungen des Unterrichts vereinigen
und dadurch dessen Wirkung verstärken hilft, muß die Grundlage
und den Vereinigungspunkt für die ganze schulische Thätigkeit bil-
den, von ihm müssen alle Fäden ausgehen und in ihm wieder zu
sammen laufen. Von einer Vereinfachung und Vertiefung des
Unterrichts kann ohne ein zweckmäßiges Lesebuch nicht die Rede sein.
Daß in der zweiten "Abtheilung unter dem Abschnitt Natur-
kunde die hier üblichen Stoffe, die man übrigens gerade in un-
serer Zeit sehr häufig in leidlich guten Bearbeitungen vorfindet,
weggeblieben und dafür die wenig bekannten, aber desto nothwen-
digeren Bilder aus der nächsten praktischen Nähe aufgenommen
wurden, wolle man theils durch Mangel an Raum, welcher, noch
weiter in Anspruch genommen, das Buch unverhältnißmäßig ver-
theuert hätte, theils durch die pädagogischen Grundsätze, nach
welchen das Ganze angelegt und bearbeitet ist, gerechtfertigt finden.
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TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
3. Frühling.
Wenn cs wieder Frühling will werden,
Da fallen die Blumen herab auf Erden,
Die Berge knieen am Himmelssaum;
Die Quellen rinnen,-die Vvglein schlagen,
Kein Schmerz bat Thränen in diesen Lagen,
Kein Herz zu trüber Ahnung Raum.
Gott Bater geht durch die Schöpfung still,
Wenn's wieder Frühling werden will.
Und soll dir Frühling im Herzen blühen,
So mußt du wandern, mußt dn ziehen
Mit jungen Liedern im Morgenschein
Und fühlst du's regen, und fühlst cs dringen,'
Mit seligen Armen dich umschlingen,
Und Erd' und Himmel und Alles dein,
Und Gottes Wandeln durch dein Gemüth: —
Dann, Herz, erjauchze, dein Frühling blüht!
Ä. Paul Gerhard.
Um das Jahr 1666 lebte in Berlin ein Prediger und großer
Dichter, Namens Paul Gerhard. Es waren aber damals unter
den Predigern in Berlin und der umliegenden Gegend sehr ver-
wickelte Streitigkeiten entstanden, welche der Kurfürst von Bran-
denburg, Friedrich Wilhelm der Große, durch strenge Berordnnn-
gen beizulegen suchte. Weil nun Paul Gerhard nicht Alles, was
der Kurfürst hierin verlangte, erfüllen zu können glaubte und als
ein glaubenstreuer Mann lieber alles Andere, als die Ruhe sei-
nes Gewissens verlieren wollte, so ließ er es geduldig über sich
ergehen, daß ihn der Kurfürst deßhalb absetzte und auö seinem
Lande verwies. Ohne Vermögen, ohne die geringste Aussicht, wo-
hin er sich wenden sollte, ergriff also Paul Gerhard sammt Frau
und Kindern den Wanderstab mit schwerem Herzen, aber doll-
voll Verträum auf die Fürsehung Gottes. Einst übernachtete er
in einem Wirthshause an der sächsischen Grenze. Seine Frau
fühlte sich hier vom Kummer über die ungewisse Zukunft so nie-
dergedrückt, daß sie fast verzweifelte. Gerhard aber tröstete sie
mit dem schönen Spruche: „Befiehl d e in Herrn deine
Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen!-—"
Hierauf ging er in den Garten und dichtete über jenen Spruch
ein vortreffliches Lied, das er seiner Frau zu ihrem Troste brachte.
Als er nun in das Zimmer zurückkehrte, waren indessen noch
zwei andere Fremde angekommen, die sich, ohne ihn zu kennen,
mit ihm in ein Gespräch einließen und ihm erzählten, sie sollten
auf Befehl des Herzogs Christian zu Sachsen-Merseburg nach
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Gerhard Paul_Gerhard Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Paul_Gerhard Paul_Gerhard Gerhard Christian
Extrahierte Ortsnamen: Morgenschein Gottes Berlin Berlin Gottes Sachsen-Merseburg
3
Berlin reisen, um einen dort abgesetzten Prediger, Namens Ger-
hard, aufzusuchen und zu dem Herzoge zu bringen, der ihn ver-
sorgen wollte. Mau denke sich das Erstaunen der unglücklichen,
flüchtenden Familie bei dieser Nachricht!-— Herzog Christian gab
dem Vertriebenen sogleich ein gutes Jahrgeld und beförderte ihn
einige Zeit nachher zu einem ansehnlichen geistlichen Amte nach
Lübben in der Niederlansitz. Jenes herrliche Lied aber, — cs ist
unser evangelisches.kernlied «Befiehl du deine Wege", welches
schon Tausende bekümmerter Seelen getröstet hat, da es ganz ans
der Tiefe des Herzens hervorgequollen ist — kam nach einiger
Zeit dem Kurfürsten von Brandenburg zu Gesichte; er las cs mit
großem Wohlgefallen, fragte, wer doch der Verfasser davon wäre,
und da er hörte, daß - es Paul Gerhard sei, bedauerte er gar
sehr, einen so gottergebenen Mann nicht in seinem Lande behalten
zu haben.
3. Die Wege der Vorsehung.
Der fromme Hans Sachs, ein Schuhmacher und berühmter
Dichter in Nürnberg (er starb 1576), dachte eines Abends über
die wunderbaren Wege der Vorsehung nach und hatte darauf in
der Nacht einen merkwürdigen Traum, welchen er so erzählt:
Ich hatte mich in einem dunkeln Walde verirrt und fand
keinen Ausweg. Ich rief um Hülfe. Da bot sich mir ein Be
gleiter dar, der sich für einen Engel Gottes ausgab, gesandt, mir
die Wege der Fürschnng zu zeigen. Er brachte mich ans dein
Walde in ein Wirthshaus, wo der Wirth uns sehr gut aufnahm.
Er sagte, er habe heute einen frohen Tag; sein Feind habe sich
mit ihm versöhnt und ihm zum Unterpfande der Versöhnung
einen silbernen, inwendig vergoldeten Becher geschenkt. Wir gin
gen fort und mein Engel stahl ihm den Becher. Ich zürnte, aber
der Engel sprach: «Schweig, und ehre die Wege der Fürschnng!"
Ich schwieg, und wir kamen an ein Hans, dessen grnndböscr
Wirth uns Alles zu Leide that. Wir brachen bald aus und beim
Abschiede schenkte der Engel dem schändlichen Manne den Herr
lichen Becher. Ich tadelte; ich zürnte. Aber er sprach: «Schweig,
und ehre die Wege der Fürschnng!" Wir kamen dann zu einem
Wirthe, in dessen Hanse Armuth und Noth herrschte. Er war
ein guter Mann, aber durch Unfälle um das Seinige gekommen.
In acht Tagen sollte ihm das Hans genommen werden. Beim
Weggehen brannte ihm der Engel das Hans über dem Kopfe an.
Ich zürnte. Aber der Engel sprach zum dritten Male: «Schweig,
1»
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute]]
Extrahierte Personennamen: Christian Paul_Gerhard Hans_Sachs Wirth Wirth
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Niederlansitz Brandenburg Nürnberg
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und ehre die Wege der Fürsehung!» Endlich kamen wir zu einem
Wirthe, der seine Freude au einem einzigen Sohne, einem auf-
blühenden Knaben hatte. Der Engel sagte, er wisse den Weg
nicht. Der Wirth gab ihm den Sohn als Wegweiser mit, und
der Engel — ersäufte ihn im vorbeifließenden Strome. „Nein,"
schrie ich, „keinen Schritt mehr mit dir! Ein Teufel magst du
sein, aber kein Engel!"
Da umstrahlte ihn himmlische Glorie und er rief: „Thoren
nur tadeln den Ewigen! Der Becher war vergiftet. Darum
ward er dem Guten genommen zu seinem Heile, dem Bösen ge-
geben zu seinem Verderben. Unter der Asche seines Hauses fin-
det der Verunglückte einen Schatz und der Brand verhilft ihm
zum Wohlstände' und Segen. Vater und Mutter würde der ver-
zogene Knabe bei längerem Leben gemordet haben. Er mußte
sterben zum Heile seiner Eltern und der Menschheit." — S ch wei-
gen d, Sterbliche, und anbetend ehret die Wege der
¿y iirfe h u n g!
6. Drei Wünsche.
Dreierlei ist's, was sich die Menschen am häufigsten wün-
schen: Klugheit, Macht, Reichthum; und wer herzhaft wünscht, der
will kurzweg alle drei Dinge zusammen haben, nämlich, daß er
klug, mächtig und reich zugleich sei.' Daß aber solcher Wunsch
selten einem Menschenkinde ausgeht, wizjß Jeder. Doch nur We-
nige wissen, daß ihn eigentlich Jeder sich selbst erfüllen könnte.
Wie das? Das sagt uns ein alter Weiser in den Worten: „Der
ist klug, der von Jedermann lernt; der ist mächtig, der seine Be-
gierden zwingt, und der ist reich, der sich an Wenigem genügen
läßt."
^ 7. Des Königs Münster.
Es war einmal ein König, der erbaute einen prachtvollen
Münster zur Ehre und zum Lobe Gottes, und durfte Niemand
bei Leib und Leben zu diesem Bau einen Heller beisteuern nach
des Königs ausdrücklichem Gebote, sondern er wollte ihn ganz
aus dem eigenen Schatze erbauen. Und so geschah es auch,'und
der Münster war vollendet, schön und würdig, mit aller Pracht
und aller Zier. Da ließ der König eine große marmorne Tafel
zurichten und darin mit goldenen Buchstaben eine Schrift graben,
daß er, der König, den Doin allein erbaut und Niemand dazu
beigesteuert. Als aber die Tafel einen Tag und eine Nacht aus
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
6
3. Da zieht die Andacht wie ein Hauch durch alle Sinnen
leise, da pocht ans Herz die Liebe auch in ihrer stillen Weise,
pocht und pocht, bis sich's erschließt und. die Lippe überfließt von
lautem, jubelndem Preise.
4. Und plötzlich läßt die Nachtigall im Busch ihr Lied er-
klingen, in Berg und Thal erwacht der Schall und will sich auf-
wärts schwingen, und der Morgenröthe Schein stimmt in lichter
Gluth mit ein: Laßt uns dem Herrn lobsingen! —
9. Tod und Auferstehung.
Wir müssen hinfort eine neue Lehre lernen vom Tode und
Grabe: wenn wir sterben, daß es nicht todt oder gestorben heißt,
sondern auf den zukünftigen Sommer ausgesäet, und der Kirchhof
oder das Begräbnis' nicht ein Kirchhof, sondern ein Acker voll le-
bendiger Körnlein, die sollen wieder hervorgrünen und wachsen,
schöner, denn ein Mensch begreifen kann. Und der Kirchhof soll
heißen ein Gottesacker; denn Gott ist ein solcher Ackermann, und
du bist sein Körnlein, das er in die Erde wirft. Er ist aber viel
ein besserer und größerer Ackermann, denn ein Bauer aus dem
Felde, und hat viel köstlicheren und reicheren Samen. Das sind
wir Menschen, so viel unser auf Erden kommen von Adam an
bis an den jüngsten Tag; dieselben streut er um sich in die Erde,
wie er sie ergreift, Weib, Mann, groß, klein, jung, alt, reich und
arm. Denn eö ist ihm einer wie der andre, und die ganze Welt
nicht anders, denn wie dem Landmann das Tuch voll Samen.
Darum, wenn er die Leute sterben läßt, das heißt er in daö Tuch
gegriffen und eine Handvoll um sich gestreut, ans daß solcher Same
wieder viel herrlicher und schöner hervorblühe. Wenn ich also
sehe meinen Baker, Mutter, Bruder, Schwester, Kind oder Freund
in den Gottesacker begraben und daselbst liegen, muß ich als
Christ nicht sagen: "Da liegt ein Todter," sondern: „Da liegt
mein lieber Vater, Mutter u. s. w. und ich heute oder Morgen
auch bei ihnen. Was sind sie? Körnlein, die bald sollen keimen,
wachsen, unsterblich und unverweslich, viel schöner, denn die grüne
Saat auf dein Felde, wenn es Sommer wird."
10. Sommerlied.
Geh' aus mein Herz und suche Freud' in dieser lieben Som-
merzeit an deines Gottes Gaben; schau' au der schönen Gärten
Zier und siehe, wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
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Dies wird's wohl sein! So nimm dein Eigenthum zurück!" So
sprach er mit dem heitern Blick eines ehrlichen Mannes und eines
guten Gewissens, und das war schön. Der Andere machte auch
ein fröhliches Gesicht, aber nur, weil er sein verloren geschätztes
Geld wieder hatte. Denn, wie es um seine Ehrlichkeit aussah,
das wird sich bald zeigen. Er zählte das Geld, und dachte unter-
dessen geschwinde nach, wie er den treuen Finder um seine ver
sprochene Belohnung bringen könnte. „Guter Freund," sprach er
hierauf, „eö waren eigentlich 800 Thaler in dem Tuch eingenäht.
.^Ich finde aber nur 700 Thaler. Ihr werdet also wohl eine-Nckhj
'aufgetrennt und Eure 100 Thaler Belohnung schon herausgenom-
men haben. Da häbt Ihr wohl daran gethan. Ich danke Euch."
Das war nicht schön. Aber wir sind auch noch nicht am Ende.
Ehrlich währt am längsten, und Unrecht schlägt seinen eignen
Herrn. Der ehrliche Finder, dem es weniger um die 100 Thlr.,
als um seine unbescholtene Rechtschaffenheit zu thun war, ver-
sicherte, daß er das Päckchen so gesunden habe, wie er es bringe,
und es so bringe, wie er's gefunden habe. Am Ende kamen sie
vor den Richter. Beide bestanden auch hier noch auf ihrer Be
Häuptling: der Eine, daß 800 Thaler seien eingenäht gewesen,
der Andere, daß er von dem Gefundenen nichts genommen und
das Päcklein nicht versehet habe. Da war guter Rath theuer.
Aber der kluge Richter, der die Ehrlichkeit des Einen und die
schlechte Gesinnung des Andern zum voraus zu kennen schien, griff
die Sache so an. Er ließ sich von Beiden über das, was sie
aussagten, eine feste und feierliche Versicherung geben, und that
hierauf folgenden Ausspruch: „Demnach, und wenn der Eine
von Euch 800 Thaler verloren, der Andre aber nur ein Päcklein
mit 700 Thalern gefunden hat, so kann auch das Geld des Letz
leren nicht das nämliche sein, auf welches der Erstere ein Recht
hat. Du, ehrlicher Freund, nimmst also das Geld, welches du
gefunden hast, wieder zurück und behältst es in guter Bewahrung,
bis der kommt, welcher nur 700 Thaler verloren hat! Und dir
da weiß ich keinen Rath, als du geduldest dich, bis derjenige sich
meldet, der deine 800 Thaler findet." So sprach der Richter und
dabei blieb es.
12. Wo Nichts ist, kommt Nichts hin.
Von zwei unbemittelten Brüdern hatte der eine keine Lust
uitb keinen Muth, etwas zu erwerben, weil ihm das Geld nicht
zu den Fenstern hereinregnete. Er sagte immer: „Wo Nichts ist,
' * >
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
V
9
kommt Nichts hin." Und so war es auch bei ihm. Er blieb sein
Leben lang der arme Bruder Wo-nichts-ist, weil es ihm nie der
Mühe werth war, mit einem kleinen Ersparnisse den Anfang zu
machen, um nach und nach zu einem größeren Vermögen zu kommen.
So dachte der jüngere Bruder nicht. Der pflegte zu sagen:
„Was nicht ist, das kann noch werden." Er hielt das Wenige,
was ihm von der Verlassenschaft der Eltern zu Theil geworden
war, zu Rath und vermehrte es nach und nach durch eigenes Er-
sparnis indem er fleißig arbeitete und eingezogen lebte. Anfäng-
lich ging es hart und langsam; aber sein Sprichwort: „Was
nicht ist, kann noch werden," gab ihm innner Muth und Hoffnung.
Mit der Zeit ging es besser. Er wurde durch unverdrossenen
Fleiß und Gottes Segen noch ein reicher Mann und ernährte so
gar die Kinder des armen Bruders Wo-nichts-ist, der selber Nichts
zu beißen und zu nagen hatte.
13. Der gerettete Handwerksbursche.
Ein Landwerksbursche ging unweit Preßburg in der grim
migsten Kälte, mit seinem Bündel ans dem Rücken, über die Haide.
Seine Kleider waren dünn und seine Strümpfe zerrissen. * Ach,
da fror es ihn sehr! Er weinte, und die hellen Thränen froren
ihm an den Augenwimpern. „Lieber Gott!" seufzte er, „weit
und breit kein Dorf, keine Stadt, nicht einmal eine Hütte! Ich
werde erfrieren; ach, was wird meine arme Mutter sagen!
Mein Vater ist gestorben und nun hat sie Niemanden, der für
ihren Unterhalt sorgt!" Er wollte laufen, um sich zu erwärmen;
aber seine Glieder waren starr. Er wurde schläfrig, legte sich in
den Schnee ans sein Bündel und schlief ein.
Ein Postknecht ritt vorbei und sah ihn starr da liegen; als
er jedoch einige Lebenszeichen an ihm bemerkte, ritt er schneller
und zeigte es unter dem Thore der nächsten Stadt an. — „Was
hilfts? Bis wir hinauskommen, ist er längst todt!" sagten die
Gefühllosen. Ein armer Tagelöhner, welcher gerade in der Wacht
stnbe war, sich zu wärmen, hörte es, und ihm brach das Herz
vor Mitleid. .Ohne ein Wort zu sagen, eilte er auf die Land
straße, trug den erstarrten Handwcrksburschen in das nächste Dorf,
rieb ihn mit Schnee, brachte ihn der Wärme immer näher und
erweckte ihn endlich wieder. Darauf nahm er ihn mit sich in die
Stadt und theilte seine Wohnung und seinen Tisch, ob er gleich
selbst nicht viel hatte, so lange mit ihm, bis letzterer im Stande war,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T46: [Körper Blut Wasser Luft Haut Magen Herz Speise Muskel Mund]]
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weiter zu reisen. Kaiser Joseph Ii. erfuhr die edle Handlung,
rief den Tagelöhner nach Wien und belohnte ihn, wie er alle
guten Handlungen, die ihm bekannt wurden, zu belohnen pflegte.
14. Gs ist nicht alles Gold, was glänzt.
Mancher, der nicht an dieses Sprüchwort denkt, wird betro-
gen. Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen:
„Manches glänzt nicht, und ist doch Gold!" und wer das nicht
glaubt und nicht daran denkt, der ist noch schlimmer daran. In
einem wohlbestellten Äcker, in einem gut eingerichteten Gewerbe
ist vies Gold verborgen, und eine fleißige Hand weiß es zu fin-
den; ein ruhiges Herz dazu und ein gutes Gewissen glänzt auch
nicht und ist doch mehr als Goldes werth.
Iñ. König Friedrich und sein Nachbar.
Der König Friedrich der Zweite von Preußen hatte 8 Stun-
den von Berlin ein schönes Lustschloß und war gern darin, wenn
nur nicht ganz nahe dabei die unruhige Mühle Lcwesen wäre.
Denn erstlich stehen ein königliches Schloß und eine Mühk nicht
gut neben einander, obgleich das Weißbrot auch in dem Schlosse
nicht übel schmeckt, wenn die Mühle fein gemahlen und der Ofen
wohl gebacken hat. Außerdem aber, wenn der König in seinen
besten Gedanken war und nicht an seinen Nachbar dachte, auf
einmal ließ der Müller seine Mühle klappern und dachte auch
nicht an den Herrn Nachbar; und die Gedanken des Königs stör-
ten zwar das Räderwerk der Mühle nicht, aber manchmal das
Klapperwerk der Näder die Gedanken des Königs. Der geneigte
Leser sagt: „Ein König hat Geld wie Laub, warum kauft er dem
Nachbar die Mühle nicht ab, und läßt sie niederreißen?"— Der
König wußte warum; denn eines Tages ließ er den Müller zu
sich rufen. „Ihr begreift," sagte er zu ihm, „daß wir Zwei nicht
neben einander bestehen können. Einer muß weichen. Was gebt
Ihr mir für mein Schlößlein?" — Der Müller sagte: „Wie
hoch haltet Ihr es, königlicher Herr Nachbar?" — Der König
erwiederte ihm: „Wunderlicher Mensch, so viel Geld habt Ihr
nicht, daß Ihr mir mein Schlößlein abkaufen könnt. Wie hoch
haltet Ihr Euere Mühle?" — Der Müller erwiederte: „Gnä-
diger Herr, so habt auch Ihr nicht so viel Geld, daß Ihr mir
meine Mühle abkaufen könnt; sie ist mir nicht feil." — Der Kö-
nig that zwar ein Gebot, auch das zweite und dritte: aber der
Nachbar blieb bei seiner Rede: „Sie ist mir nicht feil. Wie ich
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Joseph_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich